Theresa Hinterwälder und Karl-Patrick Wessel
ehem. Baureferendar/-in, jetzt Abteilungsleitungen
ehem. Baureferendar/-in, jetzt Abteilungsleitungen
Karl Patrick Wessel: Das war vor einigen Jahren im Studium. Da hat mich mein damaliger Professor auf diese Möglichkeit angesprochen. Davor wusste ich nicht, dass es das Referendariat gibt und so habe ich mich mit der Weiterqualifikation nach einem erfolgreich abgeschlossenen konsekutiven Masterstudiengang auseinander gesetzt. Das „blaue Heft“ des Oberprüfungsamtes bietet hier einige Informationen.
Theresa Hinterwälder: Ich habe vor meinem Referendariat schon achteinhalb Jahre beim BLB NRW gearbeitet. Da habe ich von dieser Möglichkeit natürlich aus erster Hand mitbekommen.
Hinterwälder: Bei mir war ein wesentlicher Treiber das Interesse, das staatliche Bauen in all seinen Facetten kennenzulernen. Mit meiner Vorgeschichte beim BLB NRW hatte ich natürlich schon einige Einblicke. Aber im Referendariat lernt man auch andere Landes-, Bundesbehörden und Kommunen kennen. Man betrachtet das Geschäft aus neuen Perspektiven, knüpft Kontakte zu anderen Behörden, zu netten Menschen. Das ist eine durchweg bereichernde Erfahrung.
Wessel: Ja, das waren auch für mich wesentliche Gründe. Daneben lernt man auch eine Menge wertvoller Theorie. Man besucht viele Seminare, etwa zum Fachrecht, zum Bauordnungsrecht, zu Brandschutz, Städtebau, Kommunikation und Führung, zu den Grundlagen der Verwaltung und so weiter. Am Ende ist man wirklich in vielen Bereichen fit.
Wessel: Das ist sehr durchmischt. Die Seminare sind immer wieder in die Praxis eingestreut, so bleibt es ein abwechslungsreiches Programm. Und bei der Koordination sind wir von unseren Ausbildungsleitern gut unterstützt worden. Sie beraten, halten den Kontakt zum Oberprüfungsamt, schreiben zusammen mit einem den Ausbildungsplan. Natürlich ist für das Referendariat Eigenverantwortung gefragt, aber man ist nicht allein.
Hinterwälder: Strukturiert wird das Referendariat im Wesentlichen von den drei großen Praxisstationen. Die längste Phase findet bei uns Hochbau-Referendaren in einer Niederlassung des BLB NRW statt. Bei mir war das zum Beispiel die Niederlassung Duisburg. Die mit über 20 Wochen zweitlängste Praxisphase verbringt man bei einer Kommune und setzt sich dort mit Themen der städtischen Bauordnung- und Stadtplanungsämter auseinander, also zum Beispiel mit Baugenehmigungen und der Aufstellung von Bebauungsplänen.
Wessel: Daneben haben wir aber auch einige Wochen beim Bundesbauministerium und bei weiteren Stellen der öffentlichen Bauverwaltung verbracht, etwa bei der Oberfinanzdirektion, mit der der BLB NRW bei Bauprojekten für den Bund ja auch eng zusammenarbeitet.
Wessel: Das Referendariat läuft über zwei Jahre, während derer man gleich mehrere Praxisphasen durchläuft. Ein großes Bauprojekt allein dauert oft deutlich länger. Da ist natürlich klar, dass die Einbindung in die Projekte irgendwo ihre natürliche Grenze hat. Beim Referendariat geht es vielmehr darum, andere Stellen der öffentlichen Bauverwaltung kennenzulernen, deren Aufgaben, Rahmenbedingungen, Themen und Problemstellungen. Es geht hier viel um neue Erfahrungen und den Perspektivwechsel.
Hinterwälder: Und da muss man wirklich sagen, dass das funktioniert hat. Als Referendare hatten wir so eine Art Sonderstellung, aus der heraus wir überall Einblicke bekommen haben. Auf allen Ebenen. Alle haben total offen mit uns über ihre Arbeit gesprochen
Wessel: Ich fand es wirklich gut, dass wir die Verwaltung aus verschiedenen Perspektiven kennenlernen durften. So haben wir letztlich enorm viele Bauprojekte kennengelernt, in einer Bandbreite, wie man das sonst nicht hat. Wir waren auf dem Gelände der Bundespolizei, in Kasernen und in hochmodernen Forschungsgebäuden der Hochschulen und gleichzeitig erhielten wir einen Einblick von den Genehmigungsbehörden.
Hinterwälder: Mir ist auch meine Praxisstation in der NRW-Landesvertretung in Brüssel sehr positiv in Erinnerung geblieben. Da konnte ich zweieinhalb Wochen aus nächster Nähe miterleben, wie die politischen Prozesse auf EU-Ebene ablaufen. Zu meiner Zeit war zum Beispiel die Novellierung der EU-Gebäuderichtlinie das bestimmende Thema, welche die Energiestandards für Gebäude in der EU regelt.
Hinterwälder: Wir sagen immer scherzhaft: „Man hat beim Referendariat anderthalb Jahre eine tolle Zeit.“ Denn dann kommt das letzte halbe Jahr mit den Prüfungen, und die haben es schon in sich.
Wessel: Es gibt insgesamt drei Prüfungsblöcke. Erst eine sechswöchige häusliche Prüfungsarbeit, das ist vom Umfang mit einer Bachelorarbeit vergleichbar. Ich habe zum Beispiel in meiner Arbeit für eine Liegenschaft des Bundes ein Parkhausgebäude geplant. Das Thema wird einem aber zugeteilt. Zwei Monate danach folgen vier Tage lang schriftliche Arbeiten.
Hinterwälder: Und zum Schluss muss man an zwei Tagen mündliche Prüfungen vor dem Oberprüfungsamt in Bonn ablegen. Ich muss sagen, dass ich ein solches Pensum während meines Studiums nicht hatte. Man muss schon sehr strukturiert an diese Aufgabe herangehen. Aber man ist auch freigestellt, muss also nicht parallel arbeiten.
Wessel: Es erfordert natürlich viel Disziplin und Fleiß von jedem einzelnen. Aber wir waren als Baureferendare insgesamt auch eine eng vernetzte Truppe. Von Anfang an hatten wir eine WhatsApp-Gruppe und einen wöchentlichen Workshop. Und nachher in der Prüfungsphase haben wir uns oft zu Lerngruppen getroffen. Das macht es für alle leichter und motiviert zusätzlich.
Hinterwälder: Da war es natürlich gut, dass wir uns im Lichthof treffen konnten, der Fortbildungseinrichtung des BLB NRW in Gelsenkirchen. Oft haben wir uns auch Kolleginnen oder Kollegen dazu geladen, die sehr hilfsbereit waren und uns zu bestimmten Themen noch einmal geschult haben. Die intensiven letzten Monate haben uns wirklich zusammengeschweißt. Wir sind heute noch eine echt gute Truppe und werden zum Beispiel auch dieses Jahr ein Wochenende zusammen verbringen.
Hinterwälder: Wie schon gesagt hat man zu großen Teilen eine tolle Zeit, sammelt viele Kontakte und Erfahrungen und entwickelt sich ein gutes Stück weiter. Das allein kann einem schon einiges wert sein. Noch dazu wird man nach erfolgreichem Abschluss des Referendariats Bauassessor beziehungsweise Bauassessorin, man schlägt also eine Beamtenlaufbahn im höheren Dienst ein, die in der öffentlichen Bauverwaltung heute schon etwas besonders ist. Es winkt also auch eine interessante Besoldung, insbesondere wenn man später dann auch eine Führungsposition einnimmt, worauf man während des Referendariats ja gezielt vorbereitet wird.
Wessel: Und auch während des Referendariats ist man finanziell abgesichert. Es gibt ein Grundgehalt von zurzeit glaube ich mehr als 1.100 Euro, das der BLB NRW von sich aus noch einmal um eine „Gratifikation“ von 50 Prozent aufstockt. Auch darüber hinaus muss ich wirklich sagen, dass der BLB sich reinkniet, sich um die Leute zu kümmern. Unterkünfte und Verpflegung etwa sind bei den vielen auswärtigen Praxisstationen und Seminaren immer inklusive, ebenso wie Reisekosten. Man kann mit seinem Referendarsgehalt also wirklich gut auskommen.
Hinterwälder: Also insgesamt eine Investition in die Zukunft.
Wessel. Ja, das sehe ich genauso. Jedem, der mich fragt, dem würde ich dieses Referendariat sofort ans Herz legen.